Wirtschaft / 9.12.2020, 07:37 Uhr
Pleitewelle und Massenarbeitslosigkeit droht in 2021
Es ist die Ruhe vor dem Sturm. Die Pleitewelle in Deutschland ist auf 2021 verschoben.
Mitte 2020 meldeten die deutschen Amtsgerichte 1369 Unternehmensinsolvenzen. Das waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) 16,7 % weniger als im Vergleichszeitraum 2019. Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es 2020 im Wirtschaftsbereich Handel. Die wirtschaftliche Not vieler Unternehmen durch die massive staatliche Regulierungswut in der "Corona-Krise" spiegelt sich somit bislang nicht in einem Anstieg der gemeldeten Unternehmensinsolvenzen wider. Der Hauptgrund dafür ist, dass die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen ausgesetzt wurde und massiv Kurzarbeitergeld gezahlt wird. Die Statistik ist weit weg von realistischen Werten, die insbesondere durch massive Eingriffe des Staates verfälscht wird.
Im Corona-Jahr sank die Zahl der Unternehmensinsolvenzen demnach sogar deutlich - dank staatlicher Hilfsmilliarden und Ausnahmen bei der Pflicht zur Insolvenzanmeldung. Doch je länger die Staatsregulierung dauert, umso wahrscheinlicher wird es, dass etlichen Unternehmen die Puste ausgeht. "Die massiven staatlichen Corona-Finanzhilfen sorgen dafür, dass es große Mitnahmeeffekte bei echten Pleitekandidaten gibt, die ohne die Corona-Subventionen nicht überlebt hätten", bilanziert die Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Gastwirte, Kulturschaffende, Messeveranstalter, Reiseanbieter, Betreiber von Fitnessstudios, Textilhändler - die Liste derer, die sich Sorgen um ihre wirtschaftliche Zukunft machen, ist lang. "Verluste und Insolvenzen werden im Januar so reichlich rieseln wie die trockenen Nadeln vom Weihnachtsbaum", so formulierte es der Berliner Spitzenkoch Tim Raue kürzlich im Gespräch mit der DPA.
Euler Hermes sprach bereits im Juli von einer "tickenden Zeitbombe" und warnte vor einer "weltweiten Pleitewelle". Global sagte der Kreditversicherer seinerzeit für 2020 und 2021 einen kumulierten Anstieg der Insolvenzen um insgesamt 35 Prozent voraus. Was den Experten Sorge macht: Die Zahl der Großinsolvenzen ist deutlich gestiegen: Galeria Karstadt Kaufhof, Klier, Vapiano , Wirecard . Das trieb auch die Schadenssumme um fast 45 Prozent auf geschätzte 34 Milliarden Euro in die Höhe. "Die insgesamt hohen Schadenssummen in diesem Jahr und die zunehmende Zahl an Großinsolvenzen bieten möglicherweise einen Vorgeschmack auf die weitere Insolvenzentwicklung", schreibt Creditreform. Einer Umfrage des Ifo-Instituts zufolge sehen 15 Prozent der Unternehmen hierzulande ihre Existenz durch die Corona-Krise bedroht. Dies seien zwar weniger als die 21 Prozent im Juni, erklärten die Münchner Forscher Anfang Dezember. "Gleichwohl fühlen sich derzeit 86 Prozent der Reisebüros und Reiseveranstalter bedroht, 76 Prozent der Hotels und 62 Prozent der Gaststätten." Schon im zu Ende gehenden Jahr entfiel laut Creditreform mehr als die Hälfte aller registrierten Insolvenzfälle (58,1 Prozent) auf das Dienstleistungsgewerbe. Insbesondere bei kleineren Unternehmen rechnet die Auskunftei 2021 mit einer steigenden Zahl an Pleiten. "Die Hilfszahlungen verschleiern derzeit die wahre finanzielle Struktur einiger Unternehmen. Derzeit haben über 300 000 Unternehmen in Deutschland finanzielle Probleme", stellte Frank Schlein, Geschäftsführer der Wirtschaftsauskunftei Crifbürgel Anfang Oktober fest. Crifbürgel sagt voraus, die Insolvenzwelle werde "noch weit ins Jahr 2021 hineinreichen". Auch bei den Pleiten von Privatleuten erwarten die Auskunfteien im nächsten Jahr einen Anstieg. Creditreform zählt hier für dieses Jahr 45 800 Fälle, Crifbürgel hatte bis zu 85 000 Verbraucherinsolvenzen prognostiziert. "2021 könnten es über 100 000 werden", sagte Crifbürgel-Geschäftsführer Schlein. Viele Menschen hätten infolge von Kurzarbeit weniger Geld in der Tasche, um Verpflichtungen wie Kreditzahlungen, Mieten oder Finanzierungen nachzukommen. Die Armut in Deutschland wird auf ein Rekord Niveau steigen.
Auf Dauer führe dies erst in die massiven Überschuldung und dann in die Privatinsolvenz.
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